Hartmut Böhme: Natur und Subjekt. Frankfurt am Main 1988.
I. Naturgeschichte


Denn nichts ist ohne Zeichen.

Die Sprache der Natur: Unwiederbringlich ?


Zoon logon echon

Zoon logon echon - so bestimmte Aristoteles den Menschen: als das Lebewesen, das Vernunft - Begriff - Sprache hat. Aber es hat seine Schwierigkeiten mit dieser Bestimmung, die alles andere Tier, Pflanze, Steine, Sterne - zu stumm in sich brütendem Leben oder lebloser Materie erklärt.

Wer spricht ?

Die einzige Wahrheit der Materie sei, keine Wahrheit zu haben erklärt Hegel. Naturdinge vermögen nicht, sich zu ihrem Begriff als der Gestalt ihres Wesens-Wahren konkret zu verhalten. Sowenig Dinge Vernunft haben, sind sie eigener Wahrheit fähig, die im Logos, im Geist allein zur Sprache kommt. Dagegen Schelling: Natur sei sichtbarer Geist, Geist sei unsichtbare Natur. Das ist paracelsisch gedacht: Jedes Ding hat seine scientia, das Wissen seines Wachsens, Lebens, Fortpflanzens. Der Geist entziffert die scientia an den Signaturen der Dinge: durch diese spricht Natur zu uns. Jedes Ding, sagt Jacob Böhme, hat seinen Mund zur Offenbarung. Und Bloch spricht unter der Idee einer "Doppelschrift der Natur" (Bloch PH, S. 188) [1] von Realsymbolen, Realchiffren - als dem "Ausdruck für das im Objekt selber noch nicht Gewordene wohl aber im Objekt und durchs Objekt Bedeutete". - Die Dinge sprechen: sie sind Zeichen - für Bloch weniger dessen, was sie sind, sondern was sie werden wollen. Prinzip Hoffnung im Schoß und Glutkern der Materie selbst. Vorsichtiger Adorno: "Als verfügende sowohl wie versöhnte Sprache von Menschen möchte Kunst abermals heranreichen an das, was den Menschen in der Sprache der Natur sich verdunkelt. " [2]


Felsenschrift

In den Wanderjahren Goethes äußert Montan, Geologe und Montankundiger, zu Wilhelm: "Wenn ich nun aber diese Spalten und Risse als Buchstaben behandelte, sie zu entziffern suchte, sie zu Worten bildete und sie fertig zu lesen lernte, hättest du etwas dagegen? ... Die Natur hat nur eine Schrift..." [3] So entdeckt Montan, "daß in der Menschennatur etwas Analoges zum Starrsten und Rohsten vorhanden sei". [4] Auf der Gegenseite steht die Figur der Makarie in rätselhafter Verwebung mit dem Kosmos. - Wäre es eine Konsequenz der "Sprache der Natur", daß die Kluft zwischen Menschen und Natur sich aufhöbe? Verwandtschaften, Ähnlichkeiten, Benachbarungen kämen ins Spiel: der steinerne Mensch, der kosmische Leib, das Feuer-Ich, der Wasser-Körper. Erfahren wir aus der Natur, wer wir sind? - Novalis 25 Jahre früher:


    Drückt nicht die ganze Natur so gut, wie das Gesicht, und die Geberden, der Puls und die Farben, den Zustand eines jeden der hoeheren, wunderbaren Wesen aus, die wir Menschen nennen? Wird nicht der Fels ein eigenthümliches Du, eben wenn ich ihn anrede?. . . Ob jemand die Steine und Gestirne schon verstand, weiß ich nicht . . . In jenen Statuen, die aus einer untergegangenen Zeit der Herrlichkeit des Menschengeschlechts übriggeblieben sind, leuchtet allein ein so tiefer Geist, so ein seltenes Verständniß der Steinwelt hervor, und überzieht den sinnvollen Betrachter mit einer Steinrinde, die nach innen zu wachsen scheint. Das Erhabene wirkt versteinernd... Könnte die Natur nicht über den Anblick Gottes zu Stein geworden sein? Oder vor Schrecken über die Ankunft des Menschen? [5]


"Alles spricht"

Zeigt der Abendstern dem Fischer die Richtung, ohne die er auf dem finsteren Meer verloren wäre? Drohen die schwarzen Wolken mit Unwetter? Klagt nicht die Nachtigall? Weisen die gilbenden Blätter nicht den Herbst? Zeichnet der Sonnenlauf die Zeit? Zeigt der Mondwechsel den Zyklus der Frau ? Spricht nicht der Gott im Donner? Spricht nicht das Auge, die Hand eine beredte Sprache? Singen nicht beide: Mensch und Vogel? Grunzen nicht beide: Schwein und Mann ? Es winselt das Tier in der Angst wie das Kind in seiner. Es tanzen die Mücken in der Abendsonne und die Menschen dazu. Es wiehert das Pferd und der Mensch vor Lachen. Es spricht eine Landschaft - wild oder heiter, wehmütig oder düster. Wo sind die Grenzen zwischen Menschen, Tier, Pflanze, Erde, Himmel, Feld und Wasser?

"Der Mensch spricht nicht allein - auch das Universum spricht - alles spricht - unendliches Sprechen. Lehre von den Signaturen." [6] Signatura rerum: die paracelsische Lehre? Wäre unsere Sprache nur eine unter vielen ? "Lehre von den Signaturen" - das hieße, alle Dinge als Zeichen zu lesen, hieße verstehen, daß die Zeichen Ikonen, Gesten, mimische Ausdrücke, Dingzeichen mehr umfassen als Worte; daß vielleicht - wie J. G. Hamann meinte unsere Wörter "Übersetzungen" sind der stummen Reden, die die Dinge mit uns führen.


"Keine begleitende Stimme mehr"

In der Nacht läßt Novalis am Tempel zu Sais die Dinge zu sprechen anheben:

    Er (der Mensch, H. B.) kann nichts liegen lassen, tyrannisch trennt er uns und greift in lauter Dissonanzen herum. Wie glücklich könnte er seyn wenn er mit uns freundlich umginge, und auch in unsern großen Bund träte, wie ehemals in der goldnen Zeit, wie er sie mit Recht nennt. In jener Zeit verstand er uns, wie wir ihn verstanden. Seine Begierde, Gott zu werden, hat ihn von uns getrennt, er sucht, was wir nicht wissen und ahnden können, und seitdem ist er keine begleitende Stimme, keine Mitbewegung mehr. [7]

Mitbewegung - begleitende Stimme: das sind Blochsche Motive. Wir: Hörende der Dinge, von Natur mitbewegte Sprecher - darin sind wir nicht Souverän des Handelns und Denkens. Das Zepter des Subjekts ist beiseite gelegt. Die Sprache der Dinge ist die Sprache aus der Perspektive des Anderen. Das räumt dem Anderen ein Eigenes ein, Anspruch und Ausdruck, eine eigene Artikulation.

Sprache der Natur: das zielt auf Natur als Subiekt, das sie nicht in der Weise ist, wie wir Subjekte sind, aber ähnlich. Wohl mag dies, das problematische Natur-Subjekt, ausstehen als Moment des utopischen Summum Bonum, auf das das Blochsche "Prinzip Hoffnung" zielt. Doch liegt dieses, mehr denn je, im Dunkel. VielIeicht, daß in den Spuren des Vergangenen und in den Zeugnissen der Kunst ein "Nachbild des Schweigens" bewahrt ist, "aus welchem allein Natur redet". [8] Der Ausdruck, den Natur vielleicht in unserer Sprache sucht, bleibt aus der Ferne, in der wir zu ihr stehen, unnachahmlich und enigmatisch, Ausdruck der Trauer, auf die sie in uns warten mag, vielleicht aber auch das stumme Schweigen des Unerlösten in unserer Schuld.


Wilde

Columbus entdeckte Amerika. Lichtenberg dreht den Satz um: "Der Amerikaner, der den Columbus zuerst entdeckte, machte eine böse Entdeckung." - Eine andere Art zu sehen. Eine andere Art zu sprechen. Wer in den Blick des anderen taucht, spricht anders.

Jahrhundertelang hatten die "Naturvölker" den Europäern nichts zu sagen. Daß die Wahrheit der Wilden nur im Diskurs der Zivilisierten formulierbar sein soll, war eine Strategie des Kolonialismus . Wilde sind nicht wahrheitsfähig, weil sie "Natur" sind. Hatten sie Sprache, als "gute Wilde" etwa, so tönte aus ihnen das Umkehrbild europäischer Zivilisation: sie sprachen, was Zivilisationskritiker ihnen unterschoben. Die Rede der Wilden - von Diderots greisem Häutpling bis zum Papalagi - war europäischer Diskurs. Auch nur fiktiv die Rolle des Anderen einzunehmen, förderte Kritik: hier zuerst wurde dem Kolonialismus ein Gegenbild buchstabiert. Wer Europa kritisierte, mußte versuchen, die mögliche Perspektive eines Indianers, Persers oder Tahitianers zu übernehmen. Poetisch. Das hieß noch lange nicht, den Wilden eine eigene Sprache zuzubilligen. Es war ein Schritt dorthin. Kritische Ethnologen wissen, wie schwierig es ist, das Sprechen des Anderen zu hören, selbst zu schweigen oder im Sprechen die eigene Fremdheit und die Fremdheit des Anderen nicht zu verwischen.

In der Wahrnehmung der Eroberer waren Wilde bloße Natur wie Bäume, Erde. Wilde als Rohstoff. Natur als Rohstoff. Bloß Vorhandenes - den Europäern zuhanden, zum Handel. Dasein nicht an sich, sondern für die Zivilisierten. Quellen des Reichtums. Quellen der Macht. Als die Geschichte - so Ernst Kapp 1845 - in ihr höchstes Stadium tritt, das der ozeanumspannenden Kulturen, avancieren zu Weltmächten nur die Länder, welche die Natur dreifach zu beherrschen vermögen: durch Bemeisterung des Weltmeeres, durch Territorialisierung neuer Kontinente, durch Unterwerfung der Naturvölker. Daß zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert Indianer oder Schwarze den Europäern den Besitzern des Wissens, etwas zu sagen gehabt hätten, ist ähnlich absurd wie die Wahnidee eines poetisch Trunkenen, Steine und Bäume sprächen zu ihm.

"Das Leben des Universums" als "ein ewiges tausendstimmiges Gespräch" zu konstruieren, ist das Ziel des enzyklopädeisch-poetischen Programms des Novalis. [9] Das ist um 1800 nur noch einer der "Träume der Metaphysik" (Kant).


Unterbrechung

Skepsis ist notwendig. Die "Sprache der Natur" ist ein theologisches Konzept. [10] Es überlebte in der Literatur oder in mystizistischen Tendenzen der Alternativkutlur. Von einer "Sprache der Natur" zu reden, als käme darin ein Ursprünglich-Unverstelltes zu Wort, wäre heute platter Rückfall in Metaphysik. "Man kann nicht sagen" so warnt schon Novalis, " daß es eine Natur gebe, ohne etwas überschwengliches zu sagen." [11] Das gilt heute um so eher, als wlr es nicht mehr mit Natur, sondern nur mit bearbeiteter, anthropogener Natur [12] zu tun haben. Wenigstens in den Grenzen mittlerer Größenordnung gilt der Satz Heisenbergs, daß im Feld der Natur der Mensch nur noch sich selbst gegenübersteht. [13]

Schon im 18. Jahrhundert, als die städtischen Bürger die "freie Natur" als Rückzugs- und Erholungsraum entdeckten, vermeinend, dort der zivilisatorischen Entfremdung zu entgehen, war diese Natur imitiertes Erzeugnis: Parks und Landschaftsgärten nach englischem Vorbild sollten den Schein des Naturwüchsigen wecken, wo eine artifizielle Ästhetik und Gartenbaukunst herrschten. Die nach literarischen Topoi und ästhetischen Bildstilen bereitete Natur der Parks "sprach" zu den Lustwandelnden nach genau kalkulierten Wirkungseffekten: dort melancholisch hier lieblich, dort erhaben, hier verspielt. Die Literatur hatte vorformuliert, was die Gartenarchitekten "naturidentisch" arrangierten: den locus amoenus, den locus melancholisus, den locus horribilis usw. Natursprache als Echo: aus ihr hallt zurück, was der Mensch hineinruft. Darin herrscht die wirkungsästhetische Dramaturgie des Theaters, das sich die Natur zur Bühne nimmt. Gegenüber der herrscherlichen Geometrie der höfischen Gärten soll der englische Garten vergessen machen, daß seine Natürlichkeit nicht weniger artifiziell ist: darin besteht seine überlegene Asthetik.

Währenddessen bereitet sich, erkenntnistheoretisch wie technologisch, die industrielle Ausbeutung der Natur zügig vor. Das 19. Jahrhundert, das das industrielle Projekt verwirklicht, organisiert die Erde als dominium hominis. Heute hat die Territorialisierung die letzten Fronten erreicht: in der technologischen Erschließung der Antarktis und des Meeresbodens. Der Mensch ist allein und das heißt auch, die Sprache ist ein Monolog des Menschen. Natur spricht nicht, antwortet nicht. Sie ist, bis in die physikalische Grundlagenforschung hinein, ein Regelzusammenhang, der in den anthropogenen Arrangements konstituiert wird. Freilich wächst, auch in der Naturwissenschaft, das Bewußtsein für die terrestrischen Lebenszusammenhänge als selbsttätigen, selbstorganisierten. [14] Es zeigt sich, daß wir auf diese Selbsttätigkeit immer angewiesen waren und bleiben. Dieser Respekt vor den selbstorganisierenden Prinzipien der Natur hat jedoch nichts mit dem sprachmetaphysischen Konzept zu tun, wonach den Dingen ein Sinntext eingraviert ist, den der Mensch, will er sich und seine Stellung in der Natur recht verstehen, lesen lernen muß.

Wenn von "Sprache der Natur" gesprochen wird, so gewinnt diese angesichts der fast totalen Artifizierung der Natur neue Bedeutung. Denn die Profanierung der Natur hatte ihren Preis: die notwendige Verdrängung der ästhetischen Dimensionen im Mensch-Natur-Verhältnis. Hier kann die Tradition der Parks und Gärten durchaus daran erinnern, daß zur Humanisierung der Natur deren auch ästhetische Einrichtung gehört. Wenn Natur heute nicht "wiederzugewinnen" oder zu "bewahren", sondern nur noch zu entwickeln ist nach Maßstäben, über die wir normativ entscheiden, so gehören die ästhetischenValenzen, die im Lauf der Geschichte im Umgang von Künstlern, Literaten, Philosophen und Architekten mit Natur entwickelt wurden, zum Projekt einer humanen Natur hinzu. Das Ästhetische aber zielt immer auch auf Wirkungen und Effekte, durch welche nach - Kant - "Natur in ihren schönen Formen figürlich zu uns spricht" (KdUB, S. 169). [15] Wie immer das Kantsche Modell zu beurteilen ist: man kann hinter den historisch entwickelten Anspruch des Menschen auf eine Natur, die ihn ästhetisch anspricht, nicht mehr zurück. Die Vernachlässigung dieses sagen wir ruhig: Menschenrechts auf eine ästhetische Natur, das gewissermaßen das Recht der Natur auf Respekt ihrer selbst als möglichem Natur-Subjekt einschließt [16] - die Vernachlässigung hiervon im technologisch dominierten "Projekt der Moderne" hat wesentlich zu der Zerstörung der Natur beigetragen, einer Zerstörung, die die Grenze der Bewohnbarkeit der Erde heute absehbar macht.

Die ästhetische Qualität als eine der Natur selbst und des Umgangs mit ihr hat eine ubiquitäre Selbstverständlichkeit gehabt solange Natur und menschliches Leben sakralkulturell eingebettet waren. Die Neuzeit hat diese Tradition unterbrochen, um das Technikprojekt ins Werk setzen zu können. In der Neuzeit ist die Kunst fast das einzige Medium, in welchem die ästhetische Achtung der Natur überlebte. Heute ist Kunst allenfalls noch, wie Adorno meint, ein "Nachbild des Schweigens, aus welchem allein Natur redet". In Bildern der Trauer oder Negativität hält die Kunst in Erinnerung, was aus der Wissenschaft verdrängt und im heruntergekommenen Freizeit-Naturgenuß als Konsumgut wieder aufbereitet wurde: daß Natur auf eine Weise uns etwas "sagt" die mit der Menschensprache nichts zu tun hat, dennoch aber in den Spuren der Kunst metaphorisch und chiffrenhaft zu Bild und Ausdruck kommt. In diese unverzichtbare Erinnerungsarbeit der Kunst ist das ältere Konzept der "Sprache der Natur" eingegangen. Wenn dieses sprach-metaphysische Konzept heute neu reflektiert wird, so kann es nicht um eine nostalgische Wiederauflage gehen, sondern um die Wahrung seines Zusammenhangs mit einer Asthetik der Natur, die es allerdings normativ und politisch zu vertreten gilt.


"Nicht Anfang, sondern Ziel"

Die Natur ist das Andere unserer selbst, insofern wir Geist sind, und ist eins mit uns, insofern wir Leib sind. So hieß es immer. In uns selbst sind wir Einer und Anderer, Getrennte, die untereinander zerfallen sind oder in ungeklärtem commercium sich befinden. Diese Trennung erst entläßt die Möglichkeit, daß es Naturphilosophie gibt. Bei Hegel ist Naturphilosophie ein Nach-Denken dieser Trennung in der Perspektive ihrer Überwindung; ein Philosophieren zum Zweck, "daß der Geist sein eigenes Wesen, d.i. den Begriff der Natur, sein Gegenbild in ihr finde" (IX, 23). [17] Doppelte Befreiung ist Ziel: "So ist das Naturstudium die Befreiung seiner (= des Geistes) in ihr (= in der Natur, H. B.); denn er wird darin, insofern er nicht auf ein Anderes sich bezieht, sondern auf sich selbst. Es ist dies ebenso die Befreiung der Natur, sie ist an sich die Vernunft, aber erst durch den Geist tritt diese als solche an ihr heraus in die Existenz" (ebd.). Das ist ebenso idealistisch wie aneignend gedacht: Natur findet Anerkennung, sofern sie "an sich" Vernunft ist, nicht aber, sofern sie nicht Vernunft ist. Wird so zwar von Hegel die Natur als kosmisches Szenario zur Selbstaffirmation der Vernunft eingemeindet, so hat er diese doch dialektisch an die Befreiung der Dinge gebunden.

Identität des Geistes und Anderes der Natur: dieser Widerspruch und die Arbeit an ihm wird zum Grund und Medium der Geschichte, wenn anerkannt wird, daß wir den "ursprünglichen Stand der Unschuld ..., wo der Geist mit der Natur identisch ist und das geistige Auge unmittelbar im Zentrum der Natur steht" (IX, 17), verlassen haben. Versöhnung von Geist und Natur ist nicht als Resurrektion des Ursprungs zu gewinnen, ist "nicht Anfang, sondern Ziel, nicht eine unmittelbare, sondern eine hervorgebrachte Einheit" (IX, 18). Der Mensch muß durch die Trennung von Natur hindurchgehen, "um nur als Überwinder dieser Trennung seiner (selbst, H.B.) von der Natur zu sein, was er ist" (ebd.). Dieser Satz von Hegel bietet Anknüpfung für Bloch. Zwar nicht als prekäre umkämpfte Hoffnung, sondern als geregelten Gang des Geistes entwirft Hegel, was unveräußerliches Erbe der Naturphilosophie der Renaissance ist: daß nämlich Befreiung des Menschen nur in eins mit der Befreiung der Natur gelingen kann.

Aber auch umgekehrt: kein Unmittelbares zur Natur ist möglich - es sei denn im Umschlag der vollständigen Vermittlung des Geistes mit Natur.

Hegel weiß, daß dieses Programm nicht im Stand des Unterworfenseins unter die Bedürfnisse möglich ist. Dem Hunger ist Natur das zu Verzehrende, Negation meiner Selbst im Mangel, den aufzuheben nur gelingt, indem ich das Andere verschlinge: "durch Aufopferung des Dinges" stelle ich "die Einheit meiner mit mir selbst" wieder her (IX, 14). Diese Logik bestimmt bis heute die Schonungslosigkeit der instrumentellen Technik als Verzehr und Verschlingen der Natur. "List der Vernunft" ist der Titel einer Technik, die eine gesetzte Feindschaft zwischen Mensch und Natur nicht durch Frontenkampf, sondern raffiniertes Ausspielen der Naturkräfte unter sich zugunsten des Menschen wendet (IX, 14, vgl. Bloch, PH, S. 782). Novalis hatte dies schon vorformuliert, als er in den Lehrlingen zu Sais einem "Mutigeren" in den Mund legt:

    ...laßt unser Geschlecht einen langsamen, wohldurchdachten Zerstörungskrieg mit dieser Natur führen.... bemächtigt euch der heimlichen Fäden und macht sie lüstern nach sich selbst. Benutzt jene Zwiste, um sie wie jenen feuerspeienden Stier, nach eurer Willkühr lenken zu können. Euch unterthänig muß sie werden.... das Sternenrad wird das Spinnrad unsers Lebens werden, und dann können wir durch unsere Sklaven ein neues Dschinnistan uns bauen. Mit innerm Triumph laßt uns ihren Verwüstungen, ihren Tumulten zusehn, sie solln an uns sich selbst verkaufen, und jede Gewaltthat soll ihr zur schweren Buße werden. [18]


Hierin liegt der Gewinn einer erhabenen Freiheit gegenüber der "fürchterlich verschlingenden Macht" (ebd., S. 2II) der Natur. Freiheit ist Naturbeherrschung, dominium naturae. Die Natur liegt am Boden.

"Technik" - so bestimmt Bloch diese Haltung - "steht in der Natur wle eine Besatzungsarmee im Feindesland." (Bloch, PH, S. 814) Wir wissen heute: in diesem Programm scheitert Technik. Daß Technik die Feindin Natur - natura vexata - ausbeutet und zerstört und damit indirekt den Bestand des Menschen gefährdet ist das eine. Das andere: sie ist selbst krisen- und unfallträchtig (vgl. Bloch, PH, S. 810ff.), ein gefährliches Instrument und, in der Regie der Militärindustrie, ein mörderisches. Vor allem aber wird durch Technik nicht die versprochene Befreiung erreicht.

Vielmehr scheint zu gelten: je höher das Technik-Niveau, um so durchdringender auch die Kontrollmechanismen. Die sozialen Herrschaftsformen sind selbst längst Technik geworden. Der Typ der "List-Technik" ist kein Medium des geschichtlichen Zuges der Befreiung. Zurückzugewinnen wäre zunächst das Hegelsche theoretische Verhalten, das "mit der Hemmung der Begierde" beginnt, mit der Unterbrechung des entfesselten Hungers nach Herrschaft über Natur in deren Verzehr und Verschleiß. Das hieße, in einer Gesellschaft befriedigter Grundbedürfnisse, das "Interesse der Philosophie" zur Geltung zu bringen: hieße, ein Verhältnis zur Natur so zu entwickeln, daß wir die Dinge "uns zu eigen" machen, indem wir sie "frei für sich", "gewähren und bestehen" lassen (Hegel IX, S. 17). Dieses Paradox klingt heute nach Naturpark, nach sentimentalischer Idylle in den anthropogenen Verwüstungen der Zivilisationslandschaft. Gemeint ist jedoch die Eröffnung eines Raums von Theorie, eines Denkens der Schonung, worin die Natur zur Sprache zu kommen vermag. Noch weit vor praktischer Versöhnung heißt dies - mit Kafka ein "Herausspringen aus der Totschlägerreihe", ein Schweigen- und Hörenlernen sowie ein anderes Sprechen, das in den Formen unserer Sprache das sprachlose Sprechen der Dinge zu Gehör bringt. Mit Hegel: dann wären wir "in diesem Innern der Natur bei uns selbst" (Hegel, IX, S. 23).


Der Geist ist die Güte

Daß Hegel der Natur kein eigenes Gewicht einräumt, ist von Bloch wie Adorno kritisiert worden. Wie soll Natur zur Sprache kommen anders, als daß der Geist ihr ihren Ausdruck vorbuchstabiert. Es gebricht, so Adorno, der Hegelschen Ästhetik an Sinn "für alles Sprechende, das nicht signifikativ wäre" (ÄTh, S. 116). Das Idiom der nicht-sprachlichen Zeichen gilt Hegel kaum für mehr als Idiotismus. Naturschönes ist darin dreht Hegel Kant um - gegenüber dem Kunstschönen minderwertig. Kunst ist geadelt dadurch, daß sie die Sprache des Geistes reiner führt und in die Erscheinung trägt als jedes noch so beeindruckende Werk der Natur. Noch im Reich des Schönen vollendet Hegel den Hobbesschen Grundsatz, nach dem der Mensch die Dinge nur insoweit einsieht, als er sie herzustellen vermag. Weil Natur schlechthin nicht gemacht ist, gilt ihr Schönes dem Kunstschönen als untergeordnet; so wie an diesem unbeleuchtet bleibt, was auch am Kunstwerk nicht schlechthin Geist ist. Wenn "alles Existierende ... nur Wahrheit" ist, "insofern es eine Existenz ist der Idee" (Hegel, Ästh. I, S. 150) [19], ist Natur nicht einmal wahrhaft wirklich.

Die Natur kommt ins Spiel als Schuldnerin dessen, was an Geistigem mangelhaft und opak in sie eingeschlossen ist. Aus diesem Dunkel zieht die Reflexion, sich ins Naturschöne versenkend, das Andere der Natur als zum Eigenen Verwandeltes zu sich heran. Natura naturans, die eigenwillig produzierende und im idealen Werkbegriff nicht aufgehende Natur hat bei Hegel abgedankt. Von der Pflanze übers Tier zum menschlichen Leib wie vom Kristall bis zu den Gesetzmäßigkeiten und Harmonien des Kosmos rechnet Hegel am Naturschönen den Mangel durch, daß es die Totalität des Begriffs nicht rein "in seinem äußerlichen Dasein unmittelbar für das Bewußtsein" darstelle (Hegel, Ästh. I, S. 151). Die Sphäre der Endlichkeit genügt dem Ideal-Schönen prinzipiell nicht. Im Endlichen begegnet die Natur "als unüberwundenes, beschränkendes Anderssein" (ebd., S. 129), als schmerzender Widerspruch und unverlöschbare Grenze für den nicht zum Absoluten durchgerungenen Geist. Im Maß, wie Natur ihre Alterität behauptet, ist sie Mangel des Idealschönen.

Dort erst, wo Natur dem Geist "weder als vom gleichen Werte noch als Grenze gegenübersteht", sondern die Stellung erhält, "von ihm gesetzt zu sein, wodurch sie ein Produkt wird, dem die Macht und Schranke genommen ist" (ebd., S. 128) - dort erhebt sich die Schönheit über einem Territorium, das in seiner Macht und seinem Eigensinn gebrochen ist. Das Schöne der Natur ist ihr Schweigen im Diskurs des Geistes, der die Natur zu seiner Szene aufschlägt.

"Das Andere nun, als das er (der Geist, H.B.) sich von sich unterscheidet, ist einerseits eben die Natur, und der Geist [ist] die Güte, diesem Anderen seiner selbst die ganze Fülle seines eigenen Wesens zu geben. " (Ebd.) Die Kondeszendenz - die Hamannsche Herablassung des Geistes in Natur erklärt sich zur Güte, Belehnung und zu freiem Zusammenschluß, während in Wahrheit sie das Fremde der Natur ent-fremdet und ihr Anderssein tilgt. Die vom Begriff begüterte Natur antwortet in einer Sprache, die nicht ihre ist. Ist das Naturschöne auf den Auftritt des Begriffs in der Erscheinung zusammengekürzt, so entgeht gerade, was dem Naturschönen eignet: "nichtbegriffliche Sprache" (Adorno, Ä Th, S. I2I) zu sein.

Bei Hegel führt der Geist in der Natur einen Monolog mit sich selbst. Während bei Novalis das Enigmatische, noch Ausstehende und nur als Chiffre und poetisches Bild Angedeutete der Natur-Sprache gewahrt bleibt. Nicht zufällig reden bei Novalis die Dinge in der Nacht; nicht aus romantischem Zauber, sondern weil unter der Herrschaft der Rationalität die Natur eine im Dunkel, im Unfreien und Unerlösten liegende, der Trauer und dem Schweigen nahe Sprache spricht. Was vom Naturschönen in unsere Sprache hineinreichen mag, ist nicht Begriff, sondern allenfalls Chiffre und Metapher in jenem Doppelstand des poetischen Sprechens, das spricht, ohne herrschend zu bestimmen, und im streng durchgearbeiteten Bild schweigt. Im Maße wie im Naturschönen der Begriff nicht seine Repräsentation findet, sind die eigensinnigen Zeichenspuren gewahrt, welche die Natur zur Entzifferung ausgelegt hat.

So bleibt die Naturästhetik Hegels von eigentümlichem Hochmut des Geistes und kaum verhüllter Feindschaft zur Natur gefesselt. Ungedacht bleibt natura naturans in ihrer prozeßhaften Lebendigkeit. Was an dieser Zeichen und physiognomischer Ausdruck ist, wird zum Spiegel des Geistes umgemodelt. Die Figur der Negativität hat, wie für den scholastischen Gott, so auch für den Hegelschen Geist, die dramaturgische Funktion, sich zum Anderen zu verfremden und eben darin sich selbst zu affirmieren: "Der Geist erfaßt die Endlichkeit selber als das Negative seiner und erringt sich dadurch seine Unendlichkeit." (Hegel, Ästh. I, S. 130) Das Hegelsche Naturschöne bleibt ungewollt im Bann des Spiegels jener Quelle, über die Narziß sich beugt, sein Bild im Anderen begehrend, ohne doch sich darin haben zu können. [20] Hegels Naturschöne ist der Versuch, das Ovidsche Modell dialektisch so umzudenken, daß darin die narzißtische Verblendung als Figur der Wahrheit erscheinen kann. Das "winzige Wasser", nur ein "Minimum", wie es bei Ovid heißt, trennt Narziß vom Bild seiner Sehnsucht: doch unnachgiebig bleibt das "Wässerchen" das Andere des begehrenden Ich und entstellt beides, Begehren und Begehrtes, ins Imaginäre, Unverfügbare. Vergeblich versucht Narziß zu vollenden, was Hegels Geist gelingen soll: "Rückkehr zu sich selbst" (ebd., S. 149), das "Zurückbiegen" (ebd., S. 155) der Versenkung in Natur so, daß diese dem Geist zum Körper seines Erscheinens verhilft. Die der Logik des absoluten Geistes gehorchende Ästhetik der Natur löscht den Schmerz des Narziß, im Wasser der Quelle weder des Anderen noch sich seiner selbst vergewissern zu können . So arrangiert Hegel die Dialektik von Natur und Geist zu einem grandiosen Triumph des im Anderen sich vollendenden Subjekts.


"Gleichsam eine Sprache, die die Natur zu uns führt"

Die Kantsche Höherbewertung des Naturschönen gegenüber dem Kunstschönen gründet auf dem Rest paracelsischrenaissancehafter Hochschätzung der Natur in Kants Werk. Kant spürt ein "unmittelbares Interesse" am Naturschönen, das er - weit weg vom empfindenden Leib - als "Wohlgefallen a priori" der Vernunft definiert. Darin ist ein Wunsch eingeschlossen, daß nämlich

    Natur wenigstens eine Spur zeige, oder einen Wink gebe, sie enthalte in sich irgend einen Grund, eine gesetzmäßige Übereinstimmung ihrer Produkte zu unserm von allem Interesse unabhängigen Wohlgefallen (welches wir a priori für jedermann als Gesetz erkennen . . .) anzunehmen: so muß die Vernunft an jeder Äußerung der Natur von einer dieser ähnlichen Übereinstimmung ein Interesse nehmen . . . (KdU B, S. 169).

"Spur", "Wink", "Äußerung der Natur", "Übereinstimmung": wahrlich erregend ist, daß hier, im Zentrum des Vernunftinteresses, paracelsisches Erbe aufsprudelt, ebenso unbenannt wie unübersehbar. Es sind Spuren einer Semiologie der Natur oder, wie Bloch sagt: Natur als "Real-Chiffre" verstanden. Man spürt etwas von der Macht der Natur, die sie noch im aufgeklärtesten Nachdenken des Schönen unwiderstehlich behält.

Kant hat sich selbst in diese Lage gebracht, in der durch unterirdische Traditionswege vermittelt paracelsische Natursemiotik im Kopf der Transzendentalphilosophie aufblitzt. Der Riß zwischen Vernunftsubiekt und Körper in der Moralphilosophie und derjenige zwischen Erkenntnissubjekt und Natur in der Erkenntnistheorie ist so tief und schmerzlich, daß Kant in der Kritik der Urteilskraft nach einer Versöhnung dessen suchte, was er selbst auseinandergerissen hatte.

Hatte Kant bisher die Natur als natura naturata ausgelegt, als Inbegriff gesetzlich organisierter Erscheinungen, so kommt er hier, wie auch Bloch bemerkte (PH, S. 785f.), nicht ohne Anleihen bei natura naturans aus. Pflanzen, Tiere und Menschen werden ästhetisch beurteilt nach Maßgabe einer Normal- bzw. Vernunftidee. Diese ist das "schwebende Bild für die ganze Gattung, welches die Natur zum Urbilde ihrer Erzeugungen in der selben Spezies unterlegte" (KdU B, S. 58). Kant versteht darunter eine Art innerer Bauplan, der "gleichsam als Technik der Natur zum Grunde gelegen hat" (KdU B, S. 56, Hervorhebung H. B.). Hier scheint - wenn auch "gleichsam" eingeschränkt - die Ästhetik den Anschluß an das zu suchen, was Natur von sich aus zeigt: die Chiffre zweckgerichteter, subjekthafter Organisation. In ihrer inneren Zweckhaftigkeit zeigt Natur sich "als durch eigenes Vermögen technisch", nicht nur blind mechanisch wie in der Erkenntnistheorie (vgl. Bloch, PH, S. 785/810). - Verstärkt wird dieser Eindruck, wenn das Genie, das Subjekt des Kunstschönen, als die "angeborene Gemütslage ("ingenium")" ausgelegt wird, "durch welche die Natur der Kunst die Regel gibt" (KdUB, S. 181). Gerade dort, im Kunstschönen, wo bei Hegel die Differenz zur Natur prinzipiell wird, führt Kant die "Natur im Subjekte" ein, wodurch originäre Kunst erst entstehe. Spricht aber aus dem Genie die Natur, so kann deren Regel nicht eine mechanische sein, weil dann kein geniales Werk, sondern mechanische Regelkunst entstünde. Führt aber Natur im Genie nicht die Sprache des Gesetzes, dann erscheint sie im Typus freier Subjektivität. Das Genie als Analogon der Natur impliziert die Natur als Analogon des Subiekts. "Subjekt Natur" bei Kant?

Bloch betont, daß diese Bestimmungen bei Kant keine konstitutive, sondern höchstens eine regulative Funktion im Aufbau der Episteme und Ästhetik haben. Dennoch findet Bloch hier eine historische Spur dafür, daß die "Zweckhaftigkeiten der menschlichen Technik einen Anschluß an die Produktion der physischen Vorgänge haben können" (Bloch, PH, S. 785), ja, daß "die reale Möglichkeit eines Subjekts der Natur" (ebd., S. 810) ebenso problematisch wie utopisch aufscheine. Ob dies vertretbar ist, läßt sich erst entscheiden, wenn der Status des "Als ob" geklärt ist, womit Kant regelmäßig seine Überlegungen zur Produktivität und Subjektförmigkeit der Natur einklammert. "Als ob" heißt: die Natur ist der Schein, der in uns die Idee weckt, "als ob" die Natur "gleichsam absichtlich... und als Zweckmäßigkeit ohne Zweck" ihre Produkte hervorbringe - so daß wir, von diesem Naturschönen uns wieder abstoßend, unseren "letzten Zweck des Daseins" (KdU, S. 171) erkennen: und zwar "natürlicher (sic!) Weise in uns selbst" (ebd., S. 170). Sollte es sein, daß solchermaßen natura naturans die Signatur des menschlichen Selbstseinkönnens erzeugt - in "objektiver Realität"? Damit wäre der Graben zu Paracelsus übersprungen, die Kluft zu Schelling und Novalis überbrückt - und Kant wäre nicht Kant.

Das Naturschöne muß gedeutet werden, "als ob" Natur selbst vernünftig sei, "als ob" sie nicht nur Objekt unserer Erkenntnis, sondern sprechend, subjektförmig sei: damit wir uns jenseits des Leibes, den wir von Natur haben - als Vernunftsubjekte identifizieren. So auf die Identifikation unserer selbst als Vernunftwesen festgelegt, kann Natur "sprechen". Die "Kritik der Urteilskraft" bildet eine Szene, auf der die Natur würdig wird, um als Analogie der moralischen Autonomie zu dienen. Die "Verwandtschaft" zum "Sittlichguten" (KdU, S. 169) ist es, die das Fascinosum des Naturschönen erlaubt und adelt. Kant fürchtet, daß man diese Konstruktion für "gar zu studiert" hält, "um sie für die wahre Auslegung der Chiffrenschrift zu halten, wodurch Natur in ihren schönen Formen figürlich zu uns spricht" (KdU B, S. 169) - "gleichsam eine Sprache, die die Natur zu uns führt" (KdU, S. 172). Eine "wahre Auslegung" ist das tatsächlich nicht. Dieses Urgestein paracelsischer Naturphilosophie wird glattgeschliffen zu einem Element innerhalb eines Mechanismus, der das Naturschöne in die Regie der Vernunft zu ihrer eigenen Selbstbefriedigung nimmt. Auch Kant vernimmt die Natur nur, insofern sie die Sprache der Vernunft spricht. [21]


"Gott ein Schriftsteller!"

Je näher wir der Gegenwart sind, um so ferner der Sprache der Natur. Wir müssen in den Ring dessen eintreten, was Kant mit dem Als-Ob zugleich aufgenommen wie eingeklammert hatte, in den Kern der metaphysischen Spekulationen über die Chiffrenschrift der Natur. Was davon in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch zu finden ist, sind die Reste eines Denkens, das noch nicht auf die Bewußtseinsphilosophie eingeschworen istsind Reste einer Idee, in der - wie Herder, Schiller, Humboldt Novalis ahnen - die Bildungsprozesse des Menschen in ihrer Anschlußhaftigkeit zur Natur gedacht werden; sind Hoffnungen, daß die Freiheit dem "Mai der großen Welt" (Paracelsus) korrespondieren könne, daß Freiheit ein Analogon des Weltprozesses sei, des freien Spiels der Formen, des Lösens und Bindens der Dinge der Natur.

Seltsam sind die Wege, welche die Bilder Gottes, als Metaphern dessen, was die Menschen tun oder verstehen, durchlaufen. Vom Handwerk aus gesehen, ist Gott der Demiurg der Welt. Von der Kunst der Plastik aus erscheint er als der vollendete Bildhauer abgebildet mit dem Steinmeißel in der Hand. Von der Familie aus betrachtet, thront er als herrlicher Vater im Himmel. In der Perspektive der Meßkunst und Architektur ist Gott der ideale Geometer und Weltenbaumeister, mit dem Zirkel die Weltkugel und die kosmischen Sphären umfahrend. Vom Staat und seiner Gesetzesherrschaft her wird er zum König und Richter. Als Uhrwerk und Maschinen an die Front des Menschenmachbaren rücken, metaphorisiert sich Gott zum perfekten Uhrenbauer und Maschineningenieur. Als im Zuge der kopernikanischen Wende das All sich ins Unbegrenzte weitet, rückt die Unendlichkeit zur ersten Qualität Gottes auf. Als Newton die Gravitation als die den Kosmos einheitlich durchwaltende Kraft aufdeckt, wird diese zum geheimnisvollen sensus divinus. Als die Selbstregulation des Universums gedacht wird, kann man Gott pensionieren: der vom Schöpfungswerk ewig sich ausruhende dieu faineént. Im 18. Jahrhundert steht noch bevor, den Kosmos als die Abwesenheit jeglichen Sinns zu denken, um das, was der Mensch tut oder denkt, ins Absolute zu idealisieren: der universale Mangel an Sinn erzeugt die Leere des Alls als Gottes letzte Gestalt. Gott, der das Nichts ist, ist befreit von den Sinnprojektionen der Menschen, die in dieser Befreiung des Gottesbildes zugleich ihre eigene erfahren: das Ende des Zwanges zur Idealisierung von Selbst-Objekten. Die Metamorphosen Gottes spiegeln den Aufstieg der Vernunft zum einzigen Halt in der Leere des Alls, an dessen Rand der Mensch einen bedeutungslosen Materieklumpen bewohnt. Die Leere des Alls, die metaphysische Einsamkeit, das blinde Spiel der Natur, das kaleidoskopische Gemurmel der Diskurse über den Abgründen: damit beginnt die Moderne, das mühsame Leben in der "entzauberten Welt" und die prekäre Hoffnung, daß Vernunft in der Geschichte als evolutionäre und bildende Kraft sich durchsetze.

Mitten in den Prozeß der Idealisierung profaner Praktiken, deren vollendete Bilder zum Inbegriff des Göttlichen werden, gehört eine der friedvollsten Metaphern Gottes: der Schöpfer als Autor. "So bleibt", sagt Paracelsus, "Gott in allen Dingen der oberste Skribent, der erste, der höchste, und unser aller Text." (P II S. 479). [22] Und noch zweieinhalb Jahrhunderte später ruft J. G. Hamann aus: "Gott ein Schriftsteller!" (HN I, S. 5) [23] - mit der Konsequenz, daß Philosophie und Theologie "Lesarten der Natur... und der Schrift" (HN II, S. 203) zu sein hätten. In der Romantik dann soll die Poesie der Zauberstab sein, der die Natur zur Sprache bringt: "Schläft ein Lied in allen Dingen ..." (Eichendorff). Was bei Paracelsus Gegenstand der Naturforschung ist, muß Kunst zurückgewinnen: die durch Aufklärung verlorene Sprache der Dinge, die Gegenwart Gottes in der Hieroglyphik der Natur. Für Hamann bereits hatte das aufgeklärte I 8. Jahrhundert "die Natur aus dem Weg geräumt" (HN II, S. 206). "Wodurch sollen wir aber die ausgestorbene Sprache der Natur von den Toten wieder auferwecken?" (HN II, S. 211) Was für Paracelsus das Lebendigste ist, die signatura rerum naturalium, ist für Hamann tot. "Nachdem Gott durch Natur und Schrift... sich erschöpft" (HN II, S. 213) hat und Philosophie zum Totengräber des lebendigen Sprachleibs der Natur geworden ist, bleibt-- von Hamann bis zu Schelling - allenfalls eine Metaphysik der Kunst, um das zu erinnern, was in der Theologie und Naturmystik "objektive Semiotik" der Natur war. Die verlorene Sprache der Natur bildet das hermetische Erbe der Poesie, womit diese um 1800 metaphysisch überlastet wird. Hatte Aufklärung den in die Dinge objektiv eingeschriebenen Sinntext der Welt ausgelöscht, sollte die Poesie als "ästhetische Theodizee" (Th. Saine) aus den Sinn-Ruinen der Natur erneut den Funken der "goldenen Zeit" (Novalis) schlagen.

Die theologischen Wurzeln dieses Konzepts poetischer Sprache als Medium der Resurrektion der Natursprache sind alt. Von Augustinus datiert die Unterscheidung der Offenbarung Gottes einmal in der Bibel, zum anderen im Buch der Natur. Dieser Gedanke, der dem Vorurteil von Buchgelehrten entspricht, aller Sinn könne nur schriftförmig sein, hält sich durchs ganze Mittelalter als Konzept eines der Natur in geheimnisvollen Chiffren eingeschriebenen Sinns. Gott, der Skribent, hat - wie es Paracelsus formuliert - jedem Ding "ein Schellen und Zeichen angehängt" [24], woran es zu erkennen ist. "Die Bedeutung der Dinge", so Hugo de St. Victoire (1096-1141), "steckt in der Natur der Dinge." Das will sagen: Nicht in den konventionellen Sprachzeichen der Menschen ist die "Bedeutung" auszumachen, sondern in den dinglichen Buchstaben, "geschrieben vom Finger des Herrn". [25]

Paracelsus baut diesen Gedanken zu einem Konzept der Naturforschung aus. Das Firmament ist ihm Urbild der Schrift. Die einzelnen Sterne sind Buchstaben, die zu Worten und - über eine Grammatik der Beziehungen - zu Sentenzen zusammengefügt sind: "Denn wie ein Wort eine besondere Kraft hat und doch in sich selbst keine Sentenz ist, sondern durch die vollkommene (Menge der) Wörter, die die Sentenz erst machen, so müssen die Sterne am Himmel auch zusammengekuppelt werden, und daraus die firmamentische Sentenz nehmen, das ist den ganzen Grund in eins fassen und verstehen." (P II, S. 451) Die Naturforschung folgt einem grammatologischen Modell. Die Dinge haben eine sprachlose Bedeutung, die sich im Sich-Zeigen des Namens zur Entzifferung anbieten; das sich-zeigende Zeichen ist "ein Zuwerfen" (P II, S. 450) der Bedeutung zum "Lesen" durch den Menschen "im Licht der Natur" (lumen naturale). Durch dieses "Zuwerfen" der sprachlosen Zeichen übersetzt sich die Bedeutung, der wortlose Name der Dinge in menschliche Sprache. [26]

Erkenntnis auf dem "Papier" (P II, S. 451) geht einem hermeneutischen Übersetzen der signatura rerum in Menschensprache hervor: im Verhältnis zum "Buch des Firmaments" ist die Sprache "wie ein Spiegel" (P II, S. 452) oder: "die Natur macht den textum, der Arzt die Glosse über dasselbige Buch" (P II, S. 457). Immer wieder betont Paracelsus, daß die Bedeutung (Signatur, Name) ihren Ursprung nicht in der Sprache, sondern die Signifikationsleistung der Sprache ihren Ursprung in der "zugeworfenen" Bedeutung der Dinge hat: "Dasienige, das das Alphabet einbegreift" - nämlich die Bedeutung -, "kommt in das Alphabet von außen hinein; aber im Firmament, da ist es im Ursprung, und der litera, das ist die Letter, ein Ding." (P II, S. 451) Die sprachlichen Zeichen sind das speculum der litteralen Dinge. Die grammatologische Struktur der Natur ist das Apriori der Sprache, nicht die Sprache das Apriori der Erkenntnis von Natur. Naturwissenschaft und Medizin müssen bei Paracelsus hermeneutisch und semiologisch verfahren, weil Erkenntnis Ikonen in Wörter übersetzt, die ihrerseits ikonographisch sind. "Reden ist übersetzen", sagt Hamann in paracelsischem Geist (HN II, S. 199).


"Denn Signatura ist Scientia": Diskurs-Ruine oder künftiger Bau

Paracelsus ist die historische Schaltstelle einer semiotischen Philosophie des Leibes und der Dinge. Ohne ihn gäbe es im 18. Jahrhundert keine Wiederbelebung der ars semiotica der Natur.

... nichts ist ohne ein Zeichen; das ist, die Natur läßt nichts von ihr gehen, ohne daß sie das nit bezeichnet, das in ihm ist.... Und es ist nichts so Geheimes im Menschen, das nit ein auswendig Zeichen an sich hätte.... Der da die natürlichen Dinge beschreiben will, der muß die Zeichen vernehmen, und aus den Zeichen das selbige erkennen.... Denn "signatura" ist scientia, durch die alle verborgenen Dinge gefunden werden. (P I, S. 297-300)

Dies ist das Programm zu einer Semiologie der Natur, wie sie prinzipieller nicht bis zu Jacob von Uexküll [27] formuliert wurde. Alles Wissen ist Wissen von den Zeichen und ihren Verknüpfungen. Hinsichtlich der Signaturenlehre gibt es kaum größere Gegensätze als die zwischen der Darstellung Michel Foucaults und der Ernst Blochs. Foucault rekonstruiert in der Renaissance die Form einer Episteme, die die Natur als ein "Spiel der Zeichen" auslegt, "die man entziffern muß, und diese Zeichen, die Ähnlichkeiten und Affinitäten enthüllen, sind selbst nur Formen der Ähnlichkeit. Erkennen heißt also interpretieren" (OdD, S. 63). [28] Die Zeichen, die die Dinge auf der Stirn tragen, reduplizieren sich in der Auslegungskunst des Wissenden nur in einem anderen Medium, doch in identischer Konfiguration. Der Weg, den das Zeichen vom Ding zum Wort nimmt, ist spiegelsymmetrisch zu dem, den die Signatur von der Oberfläche der Dinge auf ihr unsichtbares Wesen weist. Diese Korrespondenz von Signatur und Sprache entläßt "ein und dasselbe Spiel ... und deshalb können die Natur und das Verb sich unendlich durchkreuzen und für jemanden, der lesen kann, gewissermaßen einen großen und einzigen Text bilden" (OdD, S. 66). Wir bewegen uns nur in einer Welt: derWelt der Zeichen, die sich unendlich, aber in symmetrischen Konfigurationen durch die Medien der Dinge und der Sprache ausdehnen. Das, worin Menschensprache und Dingsignaturen am engsten zusammenhängen, ist das tertium datur einer Zeichenlehre, welche die metaphysische Kluft zwischen Dingen und Menschen durch das Spiel der wesentlichen Ähnlichkeiten überbrückt. Dinge und Menschen finden miteinander korrespondierende Positionen in einem Kosmos, der aus Zeichen gebildet wird - welche in letzter Instanz vom Finger Gottes geschrieben sind. So steigt das Wissen auf der Leiter der aufeinandergeschichteten Sprachen bis zu jener privilegierten Urschrift Gottes empor, welche wiederum nur den Prätext für das Spiel der Schöpfung bildet: denn diese ist, wie es Hamann sagt, "eine Rede..., deren Schnur von einem Ende des Himmels biß zum andern sich erstreckt" (ZH I, S. 393). In der Renaissance herrscht für Foucault ein unbeerbbarer Typus von Kultur und Wissen; er wurde revolutioniert durch die Trennung von Sachen und Wörtern, durch die Zerschlagung der "Zusammengehörigkeit von Sprache und Welt" (OdD, S. 75) in den konventionalistischen Zeichentheorien, die im 17. und 18. Jahrhundert das Wissen als System nosographischer Repräsentation bestimmen.

Für Bloch dagegen wird die paracelsische "kunst signatum" zum Vorschein des höchsten Gutes, das sich im Gang des "großen Sichentsprechens durch die Welt" [29] ankündigt. Natur wartet auf die Vollendung, so wie der Mensch um seine Befreiung ringt. Die paracelsischen "Real-Chiffern" sind unterwegs zur Philosophie einer qualitativ begriffenen Natur; Signaturen sind "Fingerzeige" in Richtung auf eine "Endfigur" mit einem "Summum bonum an der Spitze" (Bloch, PH, S. 1519 ) . Bloch beschreibt nicht wie Foucault das Funktionieren eines Diskurstyps, sondern holt ihn ans Licht seines eigenen Denkens. Foucault analysiert, Bloch belebt. Foucault besiegelt Vergangenes, Bloch hebt das an diesem Unvergangene heraus . Foucault - von weit her - betreibt Archäologie in den zerstörren Fundamenten der Neuzeit; Bloch - mitten darin - baut aus den entstellten Bausteinen versunkener Zeichengebäude das ausstehende "Ende solcher Signaturen" im "höchsten Realsymbol", der "Reichs-Figur" (PH, S. 1593). Weit entfernt, in der Natursprachenlehre eine zum wissenschaftlichen Wissen inkompatible Form metaphysischer Semiologie zu sehen, vertraut Bloch darauf, daß die Probleme einer "qualitativen Ausdruckslehre von Naturqualitäten und Naturgestalten" sich mit den "dialektisch-materiellen Prozeß-Figuren" (PH, S.1598) der Naturwissenschaften vermitteln lassen: laufen doch beide, von zwei Seiten her, auf den utopischen Fluchtpunkt der Resurrektion unvergangener Natur zu. Renaissance-Natur ist für Foucault eine Ruine, deren Aufriß es diskurs-analytisch zu rekonstruieren gilt; für Bloch ist Natur emphatisch die nicht "ausgekochte Ruine, sondern viel eher Architektur für ein Drama, das noch nicht gespielt worden ist" (PH, S. 1601) - das Drama der Ausarbeitung des problematischen "Subjekts der Naturprozesse" in den Dingen und des "menschlichen Subiekts" in einer Geschichte, die beide umfaßt. Foucault oder Bloch ?


Paracelsus

A. Die "kunst signata"

Das Zeichen bei Paracelsus siedelt an der Grenze zwischen Außen und Innen, Oben und Unten, Sichtbarem und Unsichtbarem. In seiner Sprache: es ist ein Index, eine Spur des enigmatischen Zusammenwirkens naturaler und spiritualer, corporaler und siderischer Sphären. Der paracelsische Kosmos ist ein Gewebe von Signaturen, durch welche die "siderischen" Bedeutungen strömen, sich kreuzen, sich verdichten, sich benachbarn, sich verketten, sich trennen, Fluchtlinien bilden, auf- und absteigen, Konzentrate und Häufungspunkte darstellen. Die Dinge werden durch die Signaturen untereinander und für uns "vertextet".

Dinge und Lebewesen "lesen" wechselseitig ihre Codes und bilden darin semiotisch relevante Konstellationen nach Analogie, Konvenienz, Korrespondenz, Sympathie, simultudo, aemulatio (s. Foucault, OdD, S. 46-56). Leben ist das Pulsieren der signifikatorischen Akte zwischen allem und jedem. Paracelsus gründet das Wissen auf eine "obiektive Semiotik", die nicht der Analyse der menschlichen Sprache und unserer selbst als Sprachsubjekte entnommen wird, sondern umgekehrt: die semiotische Ordnung der Dinge ist der Sprache des Menschen vorgeordnet. Der Mensch ist niemals "Herr" der Sprache, sondern findet den Ort seiner Wahrheit als subiectum, als immer schon dem semiotischen Universum Unterworfener. Für Paracelsus ist darum der Mensch nicht dadurch ausgezeichnet, daß er als einziges Lebewesen eine sprachliche Ordnung hervorbringt (zoon logon echon). Sondern unsere Sprache macht uns zu Verwandten der Dinge. Als zeichenhervorbringende Lebewesen sind wir ein Analogon der zeichentragenden Natur. Wir sprechen nicht im Unterschied zur zeichenlosen Natur, sondern wir können nur sprechen, Bedeutungen hervorbringen und austauschen, in Mimesis der Bedeutungsproduktionen und Zeichenaustauschprozesse, die die Ordnung des Kosmos regulieren. Wie Schelling später von der unbewußten Intelligenz der Natur spricht, die im Menschen reflektiert wird, wie Natur und Bewußtsein also in Korrespondenz gesetzt werden, so ist schon bei Paracelsus die Natur die Form der unbewußten, in die Materie versenkten, an Zeichen lesbaren Bedeutungen, die im Wissen des Philosophen-Arztes zur Sprache kommen. Die Sprache des Wissens schmiegt sich aufs genaueste-zarteste der Bedeutsamkeit der Natur an. Semiologie ist die Ordnung des Lebens.


B. äDer Mensch ist m die Zerbrechlichkeit geordnet"

Das paracelsische Leib- und Kosmosmodell kann man heute mit Umberto Eco als eine "pansemiotische Metaphysik" kritisieren. Diese deutet den Kosmos als einen "Wald von Symbolen" und situiere den Leib "in einer gewaltigen symbolischen Architektur" [30], als deren Referent sich notwendig Gott herausstellt, der die Natur als Chiffre seines Wesens entläßt.

Tatsächlich folgt Paracelsus der Schöpfungstheologie insoweit, als die Welt sprachlose Sprache Gottes ist. Adam ist "der erste signator gewesen" (P V, S. 126), der jedem Ding "seinem Wesen nach" einen Namen beilegte. Die adamitische Ursprungssprache, die zum Fundament der Sprachtheologie Böhmes, Hamanns und Benjamins wird, hält trotz aller historischen Verderbnis der Sprachen (babylonische Sprachverwirrung) den Menschen in Kontakt zu einer Sprachform, die die sprachlose Signatur der Dinge mimetisch im Wort, im Namen vergegenwärtigt. Es ist dieser Kontakt der Sprache zur "Welt vom sechsten Schöpfungstag" (Robert Musil), der ursprungsontologisch dem Menschen seine Benachbarung zu den Dingen gewährt. Ist der Leib das sprachlose Analogon alles dessen, was existiert, so ist die adamitische Namenssprache ein universelles Spiel von semiotischen Ausstrahlungen und Angestrahltsein im spezifischen Vermögen des Menschen, dem lumen naturale, das Paracelsus "Vernunft" nennt. Eine Vernunft, die sich nicht gegen Leib und Natur abgrenzt und selbst begründet, sondern eine Belehnung des Menschen ist mit der Kunst der Signifikation aus der universalen semiotischen Potenz der Natur selbst. In der adamitischen Sprache, in der jedes Wort ein Ikon des Dinges ist, kann es die Konventionalität von Zeichen nicht geben. Ebensowenig kann Paracelsus das kosmologische Zeichengewebe als Produkt kulturspezifischer und sprachlicher Regeln reflektieren. Die ikonographische Verdoppelung der Dinge in ihren Signaturen, der Signaturen in den Worten ist für Paracelsus die naturhafte Sprache des Seins und das Sein der Sprache. Die semiologische Ordnung entspricht der ontologischen Ordnung der Körper und Dinge.

Die Kritik Ecos wiederholt die Verdikte, die von der Aufklärung über die Natur- und Leibkonzepte auf den paracelsischen "Renaissance-Linie" (Bloch) verhängt wurden. Näher kommt man Paracelsus, wenn man seine Signaturenlehre aus der anthropologischen Position versteht, die er dem Menschen zuweist.

Die Lage des Menschen in der Natur ist exzentrisch, ausgesetzt, ich-schwach: "Denn der Mensch ist in die Zerbrechlichkeit geordnet." (P I, S. 160) Dies gilt nicht nur, weil der Mensch "dem Tode unterworfen [ist, H.B.], wie er kommt" (P I, S. 95); sondern weil er die kosmischen Protuberanzen sowie die kleinsten Gleichgewichtsstörungen der Naturreiche "am eigenen Leibe spüren muß", d.h., als Microcosmos wiederholt. Der Leib ist vor allem betroffener, pathischer Leib, "Microcosmos..., der erleidet" (P I, S. 68). "Was also in der Natur geschieht, das ist ein Spiel, das ebenso im Menschen geschieht, gleich wie ein Traum, der praeludia gibt, aber das Werk nicht. [...] der Mensch ist die verborgen Welt, in dem die sichtbaren Dinge unsichtbar sind, und so sie sichtbar werden, sind es Krankheiten und keine Gesundheit, denn er ist microcosmos, nicht mundus." (P I, S. 89)

Nicht "mundus": das meint, der Mensch ist kein autonomes Subjekt. Das semiologische Modell entstammt der Erfahrung primärer Ohnmacht des Menschen in einer ihn durchdringenden Natur. Die analogischen Verfahren sind der Porosität der Grenzen zwischen Körper und Welt geschuldet. Die Sprache der Analogie gilt ab, daß der Mensch nicht Herr der Natur ist. Der Versuch, mittels der "kunst signata" sich partiell dem pathischen Leib-Sein zu entwinden, findet enge Grenzen daran, daß der Arzt sich niemals zum selbstbewußten Techniker der Körpermaschine erheben kann. Der Arzt versucht, auf dem Schauplatz der kosmischen Dramen - dem kranken Leib - ein mitgestaltender Akteur zu sein; doch innerhalb der respektierten Grenzen von Natur, der wir qua Leib angehören. Weit entfernt sind wir von der aufklärerischen Subjektphilosophie, durch welche der Mensch in radikaler Trennung von Natur sich zum Regisseur ihrer Erscheinungen aufwirft. Heilkunst heißt, den Menschen aus dem heraus zu verstehen, was in den Spuren seiner Verwicklung mit Natur zu entziffern ist. Therapie muß von daher "Allianztechnik" (Bloch) werden: zum Versuch, die Natur zum Mitproduzenten der Heilkunst zu gewinnen. Darin beerbt Bloch Paracelsus zu Recht.

Die paracelsische Semiologie fließt aus einer Metaphysik des Leibes, die in ihrem verborgenen Wahrheitsgehalt noch zu gewinnen wäre. Semiologie ist hier das vortechnologische Paradigma, dessen Grundaxiom ist, daß der Einbindung des Menschen in Natur nicht zu entgehen ist. Die paracelsische Zeichenlehre ist angemessen, wenn der Mensch sich nicht als Souverän im Reich der Natur setzt, sondern sich als Subjekt und subiectum zugleich verstehen lernt. In seinem gefährdeten Überleben kommt alles darauf an, durch behutsame Operationen, welche die zarte Verwebung des Leibes mit seinen nahen und fernen Umwelten nicht zerreißen, den Menschen in eine "heilsame" Korrespondenz zur Natur zu bringen. Semiologie ist im tiefsten darum der Ausdruck des Respekts und der Schonung, die dem Leib als komplexer Naturvermittlung entgegenzubringen ist. Ein so verstandener Leib ist die Einführung in die Sprache, die "Natur in ihren schönen Formen figürlich zu uns spricht" (KdU B, S. 169).


Schlechte Aussicht

Die Überlegungen zur "Sprache der Natur" gingen zurück auf eine Philosophie des Leibes, welche die anthropologischen Bestimmungen denkt, die den Menschen im Naturzusammenhang halten. Und nicht zufällig münden die Reflexionen über Natur und Leib in der paracelsischen Zeichenlehre. Jedoch ist hier Vorsicht geboten. Allzu verführerisch ist, wie Bloch das Denken des Paracelsus für das Prinzip Hoffnung gewinnt. Die Foucaultsche Skepsis ist, mehr als die hoffnungssättigende Beerbung der Vergangenheit durch Bloch, der Tatsache geschuldet, daß die Natur wie auch der Leib keine Territorien sind, die zur Heilung der Wunden taugen, welche die Geschichte der Macht blutend hinterläßt. So wenig heute von reiner Natur gesprochen werden kann, ohne deren anthropogene Konstitution zu übersehen, so wenig bietet sich eine Philosophie oder gar Praxis des Leibes an, die jenseits seiner sozialen Codierungen irgendeine Ursprünglichkeit rettend anböten. Zugleich aber mangelt es auch an einem Denken "am Leitfaden des Leibes" (Nietzsche), das nicht schon apriori den Leib in den Zeichencodes kultur-semiologisch aufgehen läßt. Die grundsätzliche Frage, was unser Leib sei und welche Bedeutung ihm im Aufbau des Menschlichen zukomme, hat seit der platonischen Wende zum Geist, die zugleich eine Abwendung vom Leibe war, in der europäischen Philosophie kaum systematische Aufmerksamkeit gefunden. [31] Der philosophischen Erhebung über das Physische gesellte sich seit der Spätantike die christliche Leibfeindschaft bei, welche den Körper zum Quell und Schauplatz der Sünden stilisierte. Dagegen wurden Seele und Geist zur unsichtbaren Heimat des Menschen erklärt. Zu allen Zeiten widersprachen dem die alltäglichen Erfahrungen der Menschen: der erotische Leib lehrt die Lust des Lebens, der bewegte Körper und seine Sinne erschließen zuerst die Welt der Dinge. Der Leib ist Ausgang und begleitende Stimme allen Handelns, erster und letzter Halt von Identität, Fundament selbst abstraktester Tätigkeit. Seine Vermögen - Kräfte, Wahrnehmung, Bewegung, Zeugung und Geburt - eröffnen erste Aufschlüsse über die kraftdurchwirkte Natur und technische Produktion. Was in leiblichen Vollzügen sich zeigt - Angst und Schrecken, Hunger und Durst, Wunsch und Befriedigung -, führt in die unabsehbar differenzierten Räume der Gefühle ein. Schönheit fand - in der Antike - zuerst am Leib ihren Begriff. Gesellschaftlichkeit erschließt sich an der Unwiderstehlichkeit der Triebe hin zum anderen Leib. Alle Bilder des Glücks und des Friedens sind den Erfahrungen des Leibes entnommen - allzu oft dessen Spur darin auslöschend. Die Erfahrung von Geburt, Krankheit und Tod zeigt, daß es für ein sich selbst empfindendes Ich keine andere Weise des In-der-Welt-Seins gibt als durch den Leib. Selbstbewußtsein hebt in dem Dasein dieses meines Leibes jetzt und hier an (Hermann Schmitz). [32] So unhaltbar die vorsokratische Elementenlehre naturwissenschaftlich sein mag, behält sie leibphilosophisch insofern Wahrheit, als die Elemente und ihre Qualitäten (warm/kalt; feucht/trocken) den Status von "Primärobjekten" (Michael Balint) haben an denen sich grundlegende Strukturen der Leiblichkeit bilden über Empfindungsqualitäten hinaus auch basale Raum- und Zeitordnungen einschließend. Vielleicht darf man sagen, daß die europäische Kultur nicht auf diesem Fundament aufbaute, sondern gewissermaßen das Haus des Daseins von oben nach unten konstruierte. Das Groteske einer solchen Architektur täuscht darüber hmweg, daß man - philosophisch - in der Tat derart bauen kann Nahezu alle Philosophen sind sich einig darin, daß das Fundament der Kultur die physisfreie Vernunft sei. Das Leben des Tieres ist sein Korper; nicht so verhält es sich beim Menschen. Kultur ernchten wir auf dem, was am radikalsten von Dingen und Tieren von der Natur trennt. Von einer Kultur des Leibes zu sprechen, ist die philosophische Ausnahme.

Die heute sich bildenden Körper-Technologien (Gen-TechnikProthesen-Technik; Klon-Körper) [33] sind ebenso wie die Computer-Technologie (als Loslösung von der Ortsgebundenheit des Denkens und der Erinnerung im Körper) die konsequente Fortsetzung des alten europäischen Traums, das Menschsein systematisch vom Körper zu trennen. Jede dieser Ent-Körperungs-Techniken ist, wie Tibon-Cornillot meint, auf die Idee der Unsterblichkeit bezogen, welche seit jeher das Zentrum aller Versuche bildet, sich der Endlichkeit des Körpers zu entwinden. Geburt und Tod als Körperereignisse bildeten dennoch in der abendländischen Anthropologie insofern eine fundierende Rolle, als unser Dasein (vom Christentum bis zu Heidegger) als "Sein zum Tode" bestimmt wurde und Unsterblichkeit nur als Transzendenz zu denken war. Religion, Metaphysik bis hin zum Fetisch der "Unsterblichkeit des Werkes" sollten den Stachel des Fleisches, seine Endlichkeit, brechen. Memento mori hieß immer: das dauerhafteste an uns ist das Skelett.

Der Tod, sagt dies, ist das Festeste unseres Körpers: und dies ist ein Skandalon für den Ehrgeiz der Wünsche, die in der Vernunft das Medium suchten, eine ideale Sphäre reiner Dauer zu bilden - dauerhafter als der Knochenmann. Heute sind wir mit Hilfe avanciertester Bio-Technologie an der Schwelle, das Gefüge der europäischen Ontologie zu verändern. Vielleicht wirken darin philosophisch noch unabsehbare Strategien der Negation des Todes. Der unsterbliche Leib - die Wiederauferstehung des Fleisches - ist informations- und biotechnologisch zumindest in denkbare Nähe gerückt. Simulations- und Phantomisierungstechniken sind in der künftigen Gesellschaft vielleicht die Strategien, die den klassischen Begriff der Identität (des Selbst) und des Körpers endgültig abzulösen vermögen. Die Ordnung des Lebens zwischen den Grenzakten der Geburt und des Todes läßt sich damit erstmals in der Geschichte auch praktisch aushebeln. Die Grenzen von Geburt und Tod, bisher Quellen der Angst und des Schmerzes, in jedem Fall Quellen grundlegender differentieller Akte, beginnen zu fließen. Am Ende eines solchen Prozesses könnte stehen, daß die jahrhundertelange Zerebralisierung der Kultur im Namen gerade dessen, was den Menschen auszeichnet, eine Gesellschaft hervorbringt, in der der Begriff des Menschen gegenüber technischen Produkten keinerlei Trennschärfe mehr hat. Es gäbe zwischen Mensch und Technik keine fundamentale Differenz mehr. Das hieße auch: die immer gesuchte Trennung von Natur wäre vollendet; die Gebundenheit an den Körper aufgehoben. Die Bio-Masse einer Gesellschaft würde durch das gewaltige Netz der Symbiosen von Mensch und Maschine, Gehirn und Informationstechnologie gebildet.

Im Zentrum dieser Entwicklungen steht, daß nach einer unsagbar langen und schmerzvollen Phase körperlicher Arbeit und nach gut drei Jahrhunderten mechanisierter Produktion heute die Zeichen-Technik an die Spitze der sozialen Relevanzhierarchien tritt. Im Maße, wie der Körper sich nicht nur in seinen mechanischen, sondern auch intellektuellen und sensorischen Funktionen simulieren und vergegenständlichen läßt, tritt der Körper aus der Produktion ab. Die De-Humanisierung der Arbeit heißt nicht mehr: der körperliche Mensch wird ausgebeutet, sondern: komplexe Produktions- und Steuerungssysteme de-corporieren und de-intellektualisieren die Arbeit. Im Zentrum der Mehrwerterzeugung steht nicht länger der pressierte Körper des Menschen, sondern die avancierteste Form der Daten- und Simulationstechnologie. Die neuen Medien, die an die Stelle leibgebundener sozialer und geschichtlicher Erfahrung der Wirklichkeit die Kunstrealität des Zeichens rücken, bereiten kulturell auf diese Entwicklung vor. Das Realitätsbewußtsein einer zunehmenden Anzahl von Menschen geht im semiotechnisch geschlossenen Kontakt zwischen Zeichenmaschinen und Gehirn auf.

Gewiß handelt es sich hierbei zum Teil noch um Sciencefiction, vielleicht auch um pessimistische Kulturkritik. Jedoch hat jeder Versuch, eine Philosophie des Leibes und der Natur zu denken heute angesichts solcher Entwicklungen sich zu behaupten. Darin ein "Prinzip Hoffnung" zu entdecken, erscheint äußerst fragwürdig - problematischer noch als zu der Zeit, als Bloch sein Prinzip Hoffnung schrieb. Und schon hier war offen, ob Bloch nicht, um das "Prinzip Hoffnung" zu retten, die in die Technik strukturell eingebauten destruktiven Potentiale verdrängen mußte. Die Weise, wie er aus der seinerzeit avanciertesten Front der Wissenschaft, der Atomtechnologie, den Hoffnungsfunken schlägt, ist wohl nicht nur eine einzelne historische Fehleinschätzung, sondern Symptom seines rettenden Verfahrens.

Eine Philosophie des Leibes und der Natur vorzubereiten, auch durch Anknüpfung an historisch oder gegenwärtig verdrängte Traditionen - wie es hier geschehen, notwendig aber auch bezüglich der Phänomenologie ist -: das bedarf mithin noch großer Anstrengung der Vermittlung der Geschichte des Leibes und der Natur mit den gegenwärtigen Technologien, die sich auf Körperund Naturbeherrschung richten. Die Gelassenheit, die dabei vor Kulturpessimismus, skeptizistischer Geschichtsphilosophie wie emem voreilenden Prinzip Hoffnung gleichermaßen bewahren mag, wird sich kaum von der Schubkraft historischer Tendenzen, sondern eher von der Selbstentschiedenheit eines Lebensentwurfs tragen lassen, der die Möglichkeit seiner historischen Auslöschung jederzeit mitbedenkt.


* * *

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Anmerkungen


[ 1 ]
Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung, Frankfurl/M. 1959; im folgenden zitiert als Bloch, PH.

[ 2 ]
Theodor W. Adorno: Ästhetische Theorie, Frankfurt/M. 1970, S. 120

[ 3 ]
J. W. Goethe: Hamburger Ausgabe, hg. v. E. Trunz, 7. Aufl. Hamburg 1967, S.34

[ 4 ]
Ebd. S. 444.

[ 5 ]
Novalis: Schriften in 4 Bänden, hg. v. R. Samuel, Stuttgart 1960ff., hier: Bd. 1, S. 100/1.

[ 6 ]
Novalis [Anm. 5], Bd. II, S. 267/68.

[ 7 ]
Novalis [Anm. 5], Bd. I, S. 95/96.

[ 8 ]
Adorno [Anm. 2], S. 115.

[ 9 ]
Novalis [Anm. 5], Bd. I, S.107.

[ 10 ]
vgl. Erich Rothacker: Das >>Buch der Natur". Materialien und Grundsätzliches zur Metapherngeschichte, Bonn 1979. Hans Blumenberg: Die Lesbarkeit der Welt, Frankfurt/M. 1981. Dietrich Böhler: Naturverstehen und Sinnverstehen. Traditionskritische Thesen zur Entwicklung und zur konstruktivistisch-szientifischen Umdeutung des Topos vom Buch der Natur, in: E. Rapp (Hg.): Naturverständnis und Naturbeherschung, München 1981, S. 70-95. - Wolfgang Kayser: Böhmes Natursprachenlehre und ihre Grundlagen, in: Euphorion Bd. 31 (1930), S. 521-62. - E. R Curtius: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, Bern und München, 6. Aufl. 1967, S.323 ff.

[ 11 ]
Novalis [Anm. 5], Bd. 1, S. 85.

[ 12 ]
Gernot Böhme/Engelbert Schramm (Hg.): Soziale Naturwissenschaft. Wege zu einer Erweiterung der Ökologie, Frankfurt/M. 1985.

[ 13 ]
Werner Heisenberg: Das Naturbild der heutigen Physik, Hamburg 1957, S.17f

[ 14 ]
Erich Jantsch: Die Selbstorganisation des Universums, München 1979. - Ilya Prigogine/Isabelle Stengers: Dialog mit der Natur, München/Zürich 1980.

[ 15 ]
Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft, 2. Aufl. Berlin 1793 zitiert als KdU B.

[ 16 ]
K.M. Meyer-Abich: Wege zum Frieden mit der Natur, München 1985.

[ 17 ]
G. w. E. Hegel: Werke in 20 Bdn., Frankfurt/M. 1970; zitiert wird die Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, Bd. 2 als IX.

[ 18 ]
Novalis [Anm. 5], Bd. 1, S. 89.

[ 19 ]
Hegel: Vorlesungen über die Ästhetik [Anm. 17], Bd. XIII- XV; Bd. X der "Ästhetik" wird zitiert als Ästh. I.

[ 20 ]
vgl. H. Blumenberg [Anm. 10], S. 248ff. (zur narzißtischen Struktur bei Novalis). Hartmut Böhme/Gernot Böhme: Das Andere der Vernunft, Frankfurt/M. 1983, S.123-68.

[ 21 ]
Selbstverständlich handelt es sich bei vorstehender Kant-Auslegung um die einseitige Betonung eines bestimmten Gestus innerhalb der "Urteilskraft", die im übrigen das offenste Buch Kants ist, weswegen es zu Recht auch von - Kant durchaus fernstehenden - Zeitgenossen wie Goethe und den Romantikern hochgeschätzt wurde.

[ 22 ]
Theophrastus Paracelsus: Werke in 5 Bänden, hg. v. W.-E. Peuckert Darmstadt 1965; zitiert als: P + Bandzahl (römisch).

[ 23 ]
Johann Georg Hamann: Sämtliche Werke, hg. v. J. Nadler, Wien 1949-53; zitiert als HN + Bandzahl (römisch). Ferner: J. G. Hamann: Briefwechsel, hg. v. W. Ziesemer, Wiesbaden 1955-65, zitiert als ZH + Bandzahl (römisch).

[ 24 ]
Paracelsus: Kritische Gesamtausgabe, hg. v. K. Sudhoff, 1. Abt. München 1922, Bd. IX, S. 383f.

[ 25 ]
Hugo de S. Victoire zitiert nach Rothacker [Anm. 10], S. 48 u. 82. Zu den mittelalterlichen Grundlagen einer Semiotik der Natur vgl. Henning Brinkmann: Mittelalterliche Hermeneutik, Tübingen 1980, bes. S. 45-51, 93-121, 145-153

[ 26 ]
Vgl. Lucien Braun: Paracelsus und der Aufbau der Episteme seiner Zeit in: S. Domandl (Hg.): Die ganze Welt ein Apotheken. FS Otto Zekert Salzburg 1969, S. 7-18.

[ 27 ]
Jacob von Uexküll: Bedeutungslehre, in: Ders./G. Kriszat: Streifzüge durch die Umwelten von Tieren und Menschen, Frankfurt/M. 1970, S. 107-179. Thure von Uexküll: Historische Überlegungen zu einer Semiotik der Medizin, in: Zs. f. Semiotik Jg. 6, H. 1/2, 1984, S. 53 ff.

[ 28 ]
Michel Foucault: Die Ordnung der Dinge, Frankfurt/M. 1971, S. 63; zitiert als OdD.

[ 29 ]
Ernst Bloch: Vorlesungen zur Philosophie der Renaissance, Frankfurt/ M. 1972, S. 60.

[ 30 ]
Umberto Eco: Zeichen. Eine Einführung in einen Begriff und seine Geschichte, Frankfurt/M. 1977, S. 111ff.

[ 31 ]
Vgl. dazu Hermann Schmitz: System der Philosophie, Band II/ I: Der Leib, Bonn 1965, S. 36sff.

[ 32 ]
H. Schmitz [Anm. 31], Bd. I: Die Gegenwart, S. 192ff.

[ 33 ]
Michel Tibon-Cornillot: Die transfigurativen Körper. Zur Verflechtung von Techniken und Mythen, in: D. Kamper/Chr. Wulf (Hg.): Die Wiederkehr des Körpers, Frankfurt/M. 1982, S. 145-164 sowie Ders.: Von der Schminke zu den Prothesen. Elemente einer Theorie zwischen dem Innen und dem Außen des Körpers, in: Tumult Nr. 2, 1980, S. 25-46.